Die rote Fraktion am Ball
Die rote Fraktion am Ball: Eine humorvolle Reise durch die Ära der sozialdemokratischen Kanzler Österreichs
Wer das Glück (oder das Pech) hat, die österreichische Innenpolitik zu beobachten, der wird schnell feststellen: Die „roten Kanzler“ haben ihre Spuren hinterlassen. Hier ein Rücktritt, dort eine Bildungsreform, und zwischendurch mal ein kleines Ibiza-Video – ach nein, das war wer anderer. Wie auch immer, die Sozialdemokratie hatte eine lange Tradition an der Regierungsspitze, und wenn wir uns die Kanzler der SPÖ (und ihrer Vorgängerparteien) ansehen, erkennen wir ein wiederkehrendes Muster: sozialdemokratische Ideale, harte politische Realitäten – und am Ende oft ein Rücktritt. Beginnen wir diese amüsante Reise durch die Kanzlergalerie.
Karl Renner: Der Startschuss ins Chaos
Karl Renner, der Urvater der Sozialdemokratie in Österreich, legte 1918 mit seiner Funktion als erster Staatskanzler den Grundstein für die Erste Republik. Ein Mann, der nicht nur Politik machte, sondern auch die Kunst des Überlebens in chaotischen Zeiten beherrschte. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Zusammenbruch der Habsburgermonarchie musste er die österreichische Delegation nach Saint-Germain führen, wo die Friedensbedingungen diktiert wurden. Dass ihm dieser Friedensvertrag einen unfreiwilligen Hieb gegen das nationale Selbstbewusstsein der jungen Republik bescherte, war eher unglücklich. Aber gut – wer hätte das besser hingekriegt? Renner überlebte politisch, bis er schließlich 1950 im Bett starb. Kein Rücktritt notwendig, nur ein wohlverdienter Ruhestand.
Bruno Kreisky: Der Sonnenkönig Österreichs
Weiter ging es mit Bruno Kreisky, der sich 1970 wie ein roter Sonnengott auf die politische Bühne stellte und den Bürgern erklärte, dass man sich die Sorgen um die Finanzen des Landes „nicht so schwer machen“ solle. In seiner 13-jährigen Kanzlerschaft revolutionierte er das Land: Bildung für alle, Pensionen rauf, und wenn man nicht wusste, wohin mit dem Budget, wurde eben mehr ausgegeben. Österreich erlebte unter ihm eine Blütezeit, die sich durch internationale Strahlkraft und Reformwillen auszeichnete – und ja, auch ein paar Schulden. Doch wie Kreisky immer sagte: „Lernen Sie Geschichte, Herr Reporter!“ Am Ende war es nicht der Reporter, sondern eine verlorene Wahl 1983, die Kreiskys Ära beendete. Ein strategischer Rückzug also – man will ja schließlich in Würde gehen.
Fred Sinowatz: „Es ist alles sehr kompliziert“
Und dann kam Fred Sinowatz, der Mann, der für einen der prägnantesten Sätze der österreichischen Innenpolitik verantwortlich ist: „Es ist alles sehr kompliziert.“ Er führte die Regierung nach Kreisky, schaffte es aber nicht, aus dessen übergroßem Schatten hervorzutreten. Als ihn der Skandal um den Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl, Kurt Waldheim, in die Ecke drängte, sah er rot und entschied sich Sinowatz 1986 zum Rücktritt. Es war alles einfach zu kompliziert.
Franz Vranitzky: Der Retter in der Not
Der nächste in der roten Reihe war Franz Vranitzky, der Österreicher mit dem Pokerface. Er übernahm das Amt inmitten eines politischen Scherbenhaufens und führte das Land durch die wilden Zeiten nach der Waldheim-Affäre. Sein pragmatischer Stil, gepaart mit einem ruhigen, aber festen Händchen, hielt die rote SPÖ im Sattel, bis er 1997 – im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger – freiwillig und in Ruhe zurücktrat. Wahrscheinlich dachte er sich: „Lieber zurücktreten, bevor ich in die nächste Krise stolpere.“
Viktor Klima: Die Übergangsfigur
Es folgte Viktor Klima, der Kanzler, der vor allem für eines bekannt war: dafür, dass er relativ wenig bekannt war. Von 1997 bis 2000 amtierte er als Chef der SPÖ, bevor er das Feld räumte. Sein Rücktritt kam 2000, als die FPÖ unter Jörg Haider und die ÖVP von Wolfgang Schüssel die Macht übernahmen und eine Koalition bildeten. Ein klassischer Fall von „Platz machen für andere“ – ob gewollt oder nicht.
Alfred Gusenbauer: Der Pechvogel
Alfred Gusenbauer war der Mann, der 2007 Bundeskanzler wurde und mit großen Hoffnungen startete. Doch kaum war er im Amt, traf ihn das Schicksal wie ein schlecht gezielter Freistoß. Seine Zeit als Kanzler war kurz und von ständigen Konflikten innerhalb der Regierung geprägt. Er konnte sich nie wirklich durchsetzen, und so war sein Rücktritt 2008 nicht wirklich eine Überraschung. Danach wechselte er in die Wirtschaft – wo Konflikte mit der Opposition wenigstens nicht an der Tagesordnung stehen.
Werner Faymann: Der Kanzler, den keiner wollte – außer der Partei
Wer die Kunst des Rücktritts perfektioniert hat, war Werner Faymann. Von 2008 bis 2016 Kanzler, sah er sich zunehmend unter Druck gesetzt – sowohl von der Bevölkerung als auch von seiner eigenen roten Partei. Seine Politik in der Flüchtlingskrise 2015 brachte ihm Kritik von allen Seiten ein. Die SPÖ verlor an Rückhalt, und nachdem Faymann selbst den letzten Halt in seiner Partei verloren hatte, blieb ihm nur noch eins: der Rücktritt im Jahr 2016. Ein klassischer Abgang durch die Hintertür, sozusagen.
Christian Kern: Der Manager, der nicht managen durfte
Nach Faymann übernahm Christian Kern, ein Mann, der als Manager der Österreichischen Bundesbahnen bewiesen hatte, dass er durchaus etwas bewegen konnte. Doch in der Politik lief es nicht so glatt wie auf den Schienen der ÖBB. Trotz seines modernen, dynamischen Auftretens und einiger Reformversuche konnte er nicht verhindern, dass die SPÖ 2017 abgewählt wurde. Entnervt trat er 2018 als Parteivorsitzender zurück und widmete sich der Wirtschaft. Ein Mann, der mehr wollte, als die Politik zuließ.
Fazit: Rot ist (manchmal) nicht das neue Schwarz
Die österreichischen Kanzler der SPÖ sind ein buntes Potpourri aus Idealisten, Pragmatikern, Pechvögeln und Rücktrittskünstlern. Manche gingen erhobenen Hauptes, andere schlichen durch die Hintertür hinaus. Doch eines haben sie gemeinsam: Sie hinterließen ihre Spuren in der Geschichte der Zweiten Republik – sei es durch Reformen, Rücktritte oder unvergessliche Zitate wie: „Es ist alles sehr kompliziert.“