Skandal im Zwergenland
Skandal im Zwergenland: Der Gartenzwerg-Klau im Vorarlberger Wahlkampf – Ein politisches Trauerspiel mit Humor
Politische Skandale gibt es viele: Korruption, Machtmissbrauch und Intrigen. Doch wenn Gartenzwerge ins Spiel kommen, wird das Ganze zu einem absurden, wenn auch nicht minder ernsthaften, Drama. So geschehen im beschaulichen Vorarlberg während des Wahlkampfs zur Landtagswahl 2014. Die Geschichte vom „Zwergenklau“ hatte alles, was es braucht, um aus einer Provinzposse ein internationales Medienspektakel zu machen – und uns alle zum Schmunzeln zu bringen.
Ausgangslage: Ein Kurzer als Sozialdemokrat
Vor dem Wahlkampf setzte die Vorarlberger SPÖ auf eine charmante, wenn auch etwas ungewöhnliche Wahlkampfstrategie: Statt der üblichen Plakatflut sollten 1.000 Gartenzwerge – liebevoll „Coolman“ genannt – als Wahlkampfhelfer dienen. Mit dunklen Sonnenbrillen und kleinen Schildern, auf denen sozialdemokratische Botschaften prangten, waren die Zwerge mehr als nur Deko. Sie symbolisierten laut SPÖ-Chef Michael Ritsch den „ersten Hackler“ (Arbeiter) und Sozialdemokraten, womit die Partei selbstironisch auf ihren geringen Stimmenanteil bei der letzten Wahl anspielte. Ob die Vorarlberger Volkspartei hinter diesem „Zwergenstreich“ gelauert hatte, war bis dahin unklar, doch der Ausgangspunkt für eine unvergleichliche Skandalserie war gesetzt.
Der Vorfall: Gartenzwerge auf Abwegen
Wie aus einem schlechten Krimi entsprungen, wurde es Ende August ernst: Rund 400 der aufgestellten Gnome verschwanden mysteriös aus verschiedenen Gemeinden zwischen Rankweil und Bregenz. Statt darüber zu schmunzeln, war bei der SPÖ der Spaß schnell vorbei. Reinhold Einwallner, SPÖ-Landesgeschäftsführer, äußerte sich empört und warf politischen Konkurrenten vor, sie regelrecht entführt zu haben. Natürlich durfte man einen Zwerg als Souvenir mitnehmen, so Einwallner – aber gleich 400?
Angeheizt durch Gerüchte und die Medien, erreichte die Posse einen vorläufigen Höhepunkt, als Anhänger der SPÖ vier Männer beim Abtransport erwischten – einer davon, so hieß es, war Gemeinderat einer ÖVP-nahen Bürgerliste. Die Angelegenheit nahm politische Züge an, und eine Anzeige wegen Diebstahls folgte. Doch letztlich wurde das Verfahren im September eingestellt, da „der Vorsatz des Diebstahls aus tatsächlichen Gründen nicht nachweisbar“ war. Der Versuch, den Zwergenklau politisch auszuschlachten, verpuffte genauso schnell, wie die Gartenbewohner verschwanden.
Medienecho: Die große Bühne der kleinen Gestalten
Was als regionaler Skandal begann, entwickelte sich dank der Macht der Medien zu einem internationalen Phänomen. Lokale und nationale Medien griffen die kuriose Geschichte sofort auf, doch erst die britische BBC machte den Fall weltbekannt. Schlagzeilen wie „Austrian party rues disappearance of 400 garden gnomes“ verbreiteten sich wie ein Lauffeuer, und plötzlich berichteten auch große amerikanische Blätter wie die Washington Post über das Mysterium in Österreich.
Die internationale Berichterstattung trug dazu bei, dass der Klau innerhalb weniger Tage zur „Meme“ der politischen Berichterstattung wurde. Vom amerikanischen NPR-Sender bis zur serbischen Tageszeitung – überall waren die „gestohlenen Gnome“ in den Schlagzeilen. Während sich die SPÖ Vorarlberg von einem ernsten Skandal sprach, schüttelte der Rest der Welt eher den Kopf und grinste.
Daten eines Zwerges: Der „Coolman“ unter der Lupe
Bei all dem Aufsehen, das diese 400 „verschwundenen“ erzeugten, stellt sich die Frage: Wer sind diese tapferen kleinen Figuren? Die Zwerge, von der ESC art GmbH in Neustadt bei Coburg produziert, sind wahre Alleskönner. Aus robustem Kunststoff gefertigt, stolze 36 Zentimeter groß und mit einer coolen Sonnenbrille versehen, waren sie perfekt gerüstet, um als „Wahlkampfhelfer“ der SPÖ in die Geschichte einzugehen. Trotz ihres beträchtlichen Werts von insgesamt 140.000 Euro blieben die meisten jedoch unerklärlicherweise „verschwunden“.
Mit einem Augenzwinkern
Was bleibt, ist eine der wohl skurrilsten Episoden des politischen Alltags in Österreich. Man kann sich vorstellen, wie Politiker verzweifelt versuchen, die Gerechtigkeit für „Coolman“ zu erlangen, während in den Parteibüros fieberhaft diskutiert wurde, wie dieser „Zwergenschlag“ das Wahlergebnis beeinflussen könnte.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Die wahren politischen Skandale sind selten so erheiternd wie dieser. Gartenzwerge werden wohl in der politischen Geschichte Vorarlbergs einen besonderen Platz einnehmen – ob mit oder ohne Sonnenbrille. Und vielleicht sind es genau solche Geschichten, die uns daran erinnern, dass Politik nicht nur von ernsten Themen lebt, sondern manchmal auch von einer ordentlichen Portion schadenfrohem Humor.
Ein Happy End?
Die SPÖ hat ihre Zwerge nie wieder vollständig gefunden. Doch man munkelt, dass einige der abhandengekommenen Figuren noch heute in den Gärten von Vorarlberger Wählern fröhlich in der Sonne stehen – als Mahnmale für einen Wahlkampf, der weniger durch politische Inhalte als durch eine groteske Zwergenentführung in die Geschichte einging. Ein Skandal, der aufzeigt, dass in der Politik auch die kleinsten Dinge manchmal die größten Wellen schlagen können.